Konkret geht es um ein Wahlkampfmanöver von Präsident Trump, welches als „Ukraine-Affäre“ bekannt wurde. Dem damaligen US-Präsidenten wurde Amts- und Machtmissbrauch vorgeworfen und ein – letztlich erfolgloses - Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Im Zentrum der „Ukraine-Affäre“ steht ein Telefonat, das Trump am 25. Juli 2019 mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi geführt hatte.
Dabei soll Trump Selenskyi unter anderem gedrängt haben, gegen Joe Bidens Sohn Hunter wegen Korruption zu ermitteln. Trumps Anwalt Rudolph Giuliani forcierte die Angelegenheit zusätzlich. Auch die Freigabe einer US-Militärhilfe von 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine soll Trump von Selenskyis Wohlwollen abhängig gemacht haben, lautete einer der Vorwürfe gegen den Präsidenten.
Ihre Unterstützung zählt
Was war damals dran an Trumps Anwürfen gegen Biden? Welcher mutmaßlich kontaminierten Verbindung von Vater und Sohn Biden konnte Trump nicht widerstehen, einen Versuch zu unternehmen, den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten nachhaltig zu diskreditieren?
Das zu ergründen muss man ein paar Jahre zurückgehen: Ende 2013 bekämpften sich EU-Befürworter und -Gegner auf dem Kiewer Maidan. Die Konfrontation endete mit der hastigen Flucht von Präsident Wiktor Janukowitsch, einem blutigen Bürgerkrieg, begrenzt auf den Osten und Süden der Ukraine und der Annexion der Krim durch Russland.
Obamas Vize Joe Biden reiste bereits im März 2014 in die Ukraine und etwa einen Monat später wurde bekannt, dass Bidens Sohn Hunter einen hochdotierten Posten im Gasunternehmen Burisma angenommen hatte. Unternehmens-Gründer Slotschewskyi war zuvor schon ukrainischer Minister für „Ökologie und natürliche Ressourcen“ gewesen.
Jakob Augsteins „Der Freitag“ sah sich noch vor wenigen Wochen dazu veranlasst, in seiner Zeitung daran zu erinnern, dass Joe Biden als Vize-Präsident Obamas sechs Mal in der Ukraine war. Bald schlüpfrig heißt es da: „Der 79-jährige Präsident Joe Biden und die Ukraine haben eine lange und wechselhafte Geschichte, innen- und außenpolitisch.“ Biden wird vom Augstein-Blatt als Obamas „Mann für die Ukraine“ beschrieben.
Das ist die stark verkürzte Vorgeschichte zur „Ukraine-Affäre“. Aber was genau hat Trump im Telefonat gegenüber Selenskyi gesagt, dass zu dieser Affäre geführt hatte?
Unter anderem Folgendes:
„Es wird viel über Bidens Sohn geredet, dass Biden die Anklage eingestellt hat, und viele Leute wollen das herausfinden, also wäre alles, was Sie bezüglich des Generalstaatsanwaltes tun könnten, großartig. Biden ging herum und prahlte damit, dass er die Anklage gestoppt habe. Wenn Sie sich das also ansehen können … Es klingt für mich schrecklich.“
Als eine Abschrift des Telefonats bekannt wurde, verteidigte sich Trump damit, Biden hätte auf die Absetzung eines Kiewer Generalstaatsanwalts gedrängt, weil dieser gegen den Arbeitgeber seines Sohnes ermittelte. Auch zwei enge Mitarbeiter von Obamas Außenminister John Kerry standen damals auf der Gehaltsliste des größten ukrainischen Gaskonzerns.
Und Trump legte gegenüber den Medien noch eine Schippe drauf: „Sie sollten die Bidens untersuchen … und übrigens, ebenso sollte China eine Untersuchung über die Bidens anfangen. Denn was China passiert ist, ist genauso schlimm wie, was mit der Ukraine passiert ist.“
China? Tatsächlich fragte die BBC im April 2021: „Hunter Biden: What was he doing in China and Ukraine?“ Und die Welt titelte im Dezember 2020: „Das lange Schweigen der US-Justiz zu Hunter Bidens Geschäften in China“. Danach wären Geschäfte von Hunter Biden mit China schon zu einer Zeit eingefädelt worden, als Vater Biden Vizepräsident unter Obama war - der Sohn begleitete den Vater auf einer offiziellen Chinareise.
Ukraine und China? Auch in Libyen soll Hunter Biden aktiv gewesen sein. Jedenfalls tauchen Emails auf, die den Sohn des Präsidenten in kein gutes Licht rücken – oder in ein schlechtes Licht rücken sollten?
Nach Bidens Wahlsieg begrüßte Selenskyj den 46. Präsidenten der USA in der New York Times als jemanden, der sein Land „besser als vorherige Präsidenten“ kenne. Der ukrainische Präsident verband seine Grußadresse mit der Gewissheit, Biden werde helfen, den Konflikt im Donbass zu schlichten und „die Besetzung unseres Territoriums zu beenden“.
Und obwohl Präsident Biden zuletzt die Ukraine mit dem Iran verwechselt hatte - „Putin mag vielleicht Kiew mit Panzern einkreisen, aber er wird nie die Herzen und Seelen des iranischen Volkes gewinnen“ - kann man glauben, dass seine Haltung in diesem Konflikt eindeutig ist.
Trumps Haltung hingegen ist schwerer greifbar, als man zunächst denken würde: Trump hält Putin zwar für einen cleveren Jungen, rät Biden aber in selbem Atemzug, Putin mit dem gesamten Atomwaffenarsenal der USA zu bedrohen.
Bleibt nur noch die Frage, was eigentlich aus Hunter Biden geworden ist. Noch Anfang 2021 hatte der Sprößling des Präsidenten seine Biografie vorgelegt. Darin berichtete er detailreich von seinen Drogenexperimenten: „Ich habe auf den Straßen von Washington, D. C., Crack gekauft und in einem Hotelbungalow in Los Angeles mein eigenes gekocht."
Nein, solche Geständnisse können Vater Biden nicht belasten. Er hat ja nicht mitgeraucht. Gravierender wäre in Hunter Bidens Biografie möglicherweise eine schonungslose Aufarbeitung seiner Auslandsgeschäfte gewesen. Hier allerdings bleibt „Beautiful Things“, so heißt die Biografie, ganz keusch und zugeknöpft.
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung